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Ehevertragliche Regelung ergänzt idealerweise eine vorweggenommene Erbfolge

Viele Menschen investieren in Wohneigentum. Oft wird dieses an den Erben frühzeitig weitergegeben, allerdings mit der Vereinbarung, dass der Abgebende bis zum Lebensende ein Wohnrecht hat. Dieses wird juristisch als Nießbrauchrecht bezeichnet. Es lastet auf dem Eigentum und vermindert damit dessen freie Nutzung: sollte es verkauft werden, kann der Käufer nicht frei darüber verfügen. So ist der Wert des Grundeigentums in der Zeit des Nießbrauchrechts niedriger als der freie Marktwert. Andererseits ist vorweggenommene Erbfolge eine beliebte Möglichkeit, durch frühzeitige Weitergabe das Erbe zu regeln.

Kommt es dann zur Scheidung, stellt sich die Frage, was passiert mit der frühzeitig übertragenen Wohnung, für die ein Wohnrecht seitens des Übergebenden existiert. Kern des Scheidungsverfahrens ist die Ermittlung des Zugewinns und dessen Verteilung auf die sich Scheidenden. Rein gedanklich kann überlegt werden, dass die restliche Zeit des Wohnrechts permanent kleiner wird, damit im Gegenzug der Wert des Grundstücks, das im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen wurde, im Zeitablauf permanent im Wert steigt. Ist das sogar im Zugewinn noch zu berücksichtigen und auszugleichen?

Diese Frage hat der BGH mit seinem Beschluss vom 6.5.2015 – XII ZB 306/14 entschieden:

Der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Werts des Nießbrauchs unterliegt nicht dem Zugewinnausgleich. Bei der Berechnung des Zugewinns des Zuwendungsempfängers wird auf ein Einstellen des Wertes des Nießbrauchs zum Ausgangs – und Endzeitpunkt in die Vermögensbilanz insgesamt verzichtet.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Wert des Nießbrauchs gestiegen ist, weil das belastete Grundstück im maßgeblichen Zeitraum einen Wertzuwachs (z. B.: in Folge gestiegener Grundstückspreise) erfahren hat. In diesem Fall muss der Wert des Nießbrauchs im Anfangs – und Endvermögen eingestellt werden.

Wie so oft zeigt sich, es kommt darauf an. Deshalb ist es angeraten, im Zuge einer vorweggenommenen Erbfolge eine ehevertragliche Regelung aufzusetzen. Dabei muss nicht gleich an die mögliche Scheidung gedacht werden. Auch in einer Ehe ist Klarheit immer eine gute Grundlage. Es ist ratsam, hierfür einen Fachanwalt/eine Fachanwältin für das Familienrecht zu kontaktieren, um die Vereinbarung passend zu formulieren. Zudem bedarf es im zweiten Schritt für die Formwirksamkeit der notariellen Beurkundung. Dann ist die Frage so geklärt, wie das die Beteiligten wollen, und führt nicht später zu strittigen Auffassungen.